Duocarns – Die Ankunft von Pat McCraw

Es war eine doppelte Premiere: Das erste Ebook, das ich jemals gelesen habe – und es war nicht immer ganz einfach, ohne das Rascheln des Papiers auskommen zu müssen – UND mein erster Ausflug in die Genres Erotic Fantasy und Gay Romance. Vielleicht waren das die zwei Gründe, warum ich nicht ganz so gut in den Text gekommen bin. Aber nun zur Geschichte:

Im ersten der sieben Bände von Duocarns stranden fünf attraktive, außerirdische Duocarn-Krieger mit ihrem Raumschiff in Kanada. Schuld daran ist eine Anomalie (allerdings erfährt man über die Art der Anomalie und ihrer Herkunft im ersten Band noch nichts, vielleicht später?). Aber nicht nur Meodern, der blitzschnelle Supermann, der muskelbepackte Xanmeran, der fungizide Hybrid Tervenarius, Patallia, der Mediziner und ihr Führer und der Sternenkrieger Solutosan sind in Kanada, sondern auch ihre Feinde, die Bacanis, die sehr grausam sind, und schon nach kurzer Zeit einige Menschen auf bestialische Weise umbringen und damit mehr oder weniger bewusst eine Spur legen. Schon bald lernt Solutosan die Sozialarbeiterin Aiden kennen, die die Außerirdischen tatkräftig unterstützt, ihnen alles mögliche beibringt, was die für ein Erdenleben brauchen, den Rest erfahren sie durch das Internet. Begünstigt wird dieses Einleben auch durch ihre vielfältigen Gaben und Talente. Auch der homosexuelle Krieger Tervenarius erfährt erste Bewunderung durch den Häusermakler David. Er entzieht sich ihm anfangs, aber David lässt sich nicht abschütteln. Eine tiefgründige und sinnliche Liebesbeziehung entsteht. Der den Kriegern (den Guten!) treu ergebene Bacani-Navigator, Chrom, verliebt sich auf einer Dating-Page im Internet und landet einen Volltreffer: Er findet die Navigatorin der feindlichen Bacanis, Psal.

Schon verwirrt? Ich war es zwischendurch, denn die Autorin Pat McCraw switcht zwischen beiden Lagern hin und her, und nimmt die Perspektive der einzelnen Figuren der beiden Lager ein. Das ist einerseits spannend, weil man so alle wichtige Figuren begleiten kann, andererseits ist der Leser aufgefordert, eine hohe Denk- und Aufmerksamkeitsleistung zu erbringen. Nichts also für eine U-Bahn-Fahrt oder für den Park. Man kommt zunächst schwer in den Text hinein, weil die Figuren erst beschrieben werden müssen, und wenn man ungeübt in diesem Genre ist, dann hat man Schwierigkeiten, den Beschreibungen zu folgen, zumindest ging es mir so. Doch als ich im Lesen drin war, gefiel mir die Charakteristik der Figuren (die „Guten“ sind sehr sympathisch, bei den Bösen sorgt nur Psal für Identifikationspotenzial, die anderen beginnt man recht schnell zu „hassen“).

Der Roman ist locker und flüssig geschrieben, gewinnt gegen Ende schließlich Fahrt und wird sehr spannend – und dann hört der Band auch schon auf. Ich hätte mir gewünscht, dass der Mittelteil etwas spannender gewesen wäre. Vielleicht auch, dass der Anfang etwas klarer wäre und vielleicht doch zumindest ein bisschen die Anomalie erklären würde, die immer so ein bisschen wirkte, als ob die Autorin nicht so recht wüsste, wieso diese geschehen ist. Im ersten Band wurden viele Erzählstränge aufgenommen, die in den nächsten sechs Bänden weitergesponnen werden. Die Homo-Erotik wirkte ganz überzeugend, ich fand es jetzt nicht arg pornös, aber auch nicht sehr kitschig. Pat McCrawn sagte mir, dass der Anteil daran in den nächsten Bänden noch größer wird.

 

Die ersten drei Bände gibt es als Ebook und Printbuch bei Amazon und anderen Online-Händlern zu kaufen, 3,99 bzw. 4,99 Euro für das Ebook, 9,90 Euro für das Printbuch.

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Das mit uns von Fabian Kaden

„Wenn wir nicht frei sein können, ist DAS MIT UNS einen Dreck wert“, sagt eine der Figuren in diesem Roman zum Protagonisten. Und das spiegelt das Hauptmotiv dieses Werkes von Michael Sollorz, der unter Pseudonym Fabian Kaden erotische, um nicht zu sagen pornografische Romane beim Männerschwarm Verlag veröffentlicht, wider. Michael Sollorz kann schreiben, das hat er mit dem verstörenden Roman „Die Eignung“ bewiesen. Das zeigt er auch in diesem Buch bei Sex-Szenen, das muss man dem Autoren lassen: Sie sind niemals schwülstig oder plump, sie sind authentisch und auf den Punkt. 
Ein guter Roman also? Fangen wir bei der Geschichte an: Es geht um den jungen Daniel, er ist 22, dreizehn Jahre jünger als sein Partner Martin, den er zu Beginn heiratet. Die beiden sind sehr verschieden, der jüngere assistiert dem Älteren bei dessen Dachdeckerfirma, die der übernommen hat, ansonsten bietet er Kurse im Fitness-Studio an. Während der junge Daniel seine Freiheit braucht und noch sehr viel mehr Sex, ist Martin eher der gesetzte Typ, der es eher ruhiger und vor allem treu mag. Unpraktisch also, dass ersterer zwar sehr promiskuitiv ist, aber letzterer angeblich nichts davon weiß. Als der freiheitsliebende Daniel auf der Hochzeit dann ausgerechnet den Halbbruder von Martin namens Samir kennen lernt, beginnt die Geschichte dann richtig Fahrt zu nehmen. Denn mit Samir, der lange Jahre beim Zirkus gearbeitet hat, beginnt er eine Affäre.
Dieser Roman könnte sehr spannend sein. Er verhandelt Themen, die jeden Menschen brennend interessieren: Worauf kommt es in Beziehungen vor allem an? Was ist Liebe? Was bedeutet Verantwortung und Freiheit in einer Beziehung? Freiheit, ja, genau, seit Joachim Gauck ein größeres Thema in Deutschland denn je. Spannend ist auch, dass viele Phänomene des „schwulen Lebens“ in diesem Roman vorkommen, Gayromeo, Cruising Areas, das Verhalten in der schwulen Disko, FKK Badeseen, die scheinbar grundsätzlich von Schwulen oder alten Menschen okkupiert werden und „Fickstutenmärkte“. 
Letzteres hat den Rezensenten besonders interessiert – und hier zeigt sich auch die Finesse des Autors, der immer dann sein Können zeigen kann, wenn es darum geht Macht und Unterdrückung zu beschreiben und vor allem den Spaß, den Menschen im einen wie im anderen finden können. 
Ist „Das mit uns“ von Fabian Kaden ein guter Roman? Trotz dieser vielen guten Ansätze, trotz dieser spannenden Ausgangslage, langweilt er leider an vielen Stellen. Zu vorhersehbar sind die Ereignisse, zu klischeehaft die Konstellationen, zu unwahrscheinlich die Dialoge. Dieses Buch hätte alle Anlagen zu einer Sommerkomödie, aber letztendlich hat es doch ein wenig enttäuscht, leider.
Wer sich einen eigenen Eindruck verschaffen möchte: „Das mit uns“ von Fabian Kaden, 2012 im Männerschwarm Verlag, Hamburg, erschienen, umfasst 224 Seiten und ist für 16 Euro im Buchhandel erhältlich.
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Schmeckt wie Urlaub und macht nicht dick von Andreas Bertram

Die Hauptfigur Andy kommt uns sehr bekannt vor: Er sucht nach einem Mann fürs Leben. Das ist nicht ganz so einfach, wie viele von uns bestätigen können. Er sieht durchschnittlich aus, hat in der letzten Zeit ein bisschen zu viel Schokolade gegessen und der erfolgreichste und ehrgeizigste Mensch der Welt ist er auch nicht. Er verdient sich eher schlecht als recht seinen Lebensunterhalt mit einer Buchhandlung. Dann hat er auch noch ein Haus geerbt, um dass er sich erst einmal eher kümmern und Geld reinbuttern muss. Er wurde vor nicht allzu langer Zeit von seinem Freund, mit dem er mehr als zwei Jahre zusammen war, verlassen. In dieser Situation wärmt er wieder eine alte Affäre auf, und zwar mit dem attraktiven Seifenopern-Star Manuel, obwohl dieser ihm vor ein paar Jahren schon einmal sein Herz gebrochen hatte. 
Gleichzeitig lernt er auf kuriose Weise den netten Polizisten Robert kennen, der der perfekte Partner für ihn wäre – wenn Andys Herz nicht immer noch an Manuel hinge. Das wäre schon genug für den armen Protagonisten, aber dann findet er sich durch seinen besten Freund Nils in einem turbulenten Eifersuchtsdrama wieder, in dem ein Haare schneidender Latino-Sexgott, ein russisches Busenwunder und eine Transgender-Wahrsagerin eine nicht unbedeutende Rolle spielen.
Ist das eine queere Version eines Rosamunde Pilcher-Romans? Ja und nein. Ja, in dem Sinne, dass der Roman zwar Schmonzetten-Anteile hat: Zum Beispiel ist da Manuel, der Sohn eines Ministers ist, verbotene Liebe, reiche Leute aus der bayrischen Provinz. Auch die Geschichte um Nils mit der Eifersucht rund um den Prominenten-Friseur, der sein Fast-Gatte ist, könnte aus einer frischen Sommerkomödie im Zweiten stammen. Ja, wenn die Konstellation heteronormativ wäre. Nein, weil der Roman auch brisantere Themen behandelt: Wie Homophobie, Mobbing, Gewalt gegenüber Homosexuellen in der Provinz, Abweisung aus religiösen, parteilichen oder familiären Gründen.
Der Roman liest sich leicht, eine tolle Lektüre für U-Bahn-Fahrten, für den Strand oder für das Bett – also vor dem Schlafengehen eben. Es sind 400 meist rasante Seiten, man merkt sofort, dass Andreas Bertram ein Drehbuch-Autor ist. Es ist immer ein sehr schmaler Grat, auf dem er sich bewegt: Ist das Benutzen der Klischees noch Ironie und absolute und gewollte Überzeichnung? Oder rutscht er manchmal aus Versehen da hinein? 
Besonders hervorzuheben ist, dass der Autor geschickt Wendungen einbaut, die den Roman von Anfang bis Ende spannend machen. Ich meine damit die „terroristischen“ Anteile, die nicht nur kriminell sind, sondern vor allem amüsant. Wenn man keine große Literatur erwartet, sondern einfach nur unterhalten werden möchte, und zwar auf nicht unintelligente Weise, dann darf man diesen Roman getrost in die Hand nehmen und sich darin verlieren.
Andreas Bertrams „Schmeckt wie Urlaub und macht nicht dick“ ist im Querverlag, Berlin 2012, erschienen, umfasst 408 Seiten und ist für 14,90 Euro im Handel zu kaufen.
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Im Namen des Kreuzes von Peter Probst

In der Spiegel Online gab es am 18.3.2012 einen Artikel über den katholischen Missbrauchsbeauftragten Stephan Ackermann. Obwohl er angeblich einer „Null-Toleranz-Linie“ in dieser Funktion verfolgt, schont er in seinem Bistum Trier sieben als pädophil aufgefallene Pfarrer. Einer von ihnen soll sexuelle Beziehungen zu einem Schüler gehabt haben, zwei weitere sind wegen Besitzes von Kinderpornografie verurteilt, sagen die Quellen von Spiegel Online. Die katholische Kirche scheint, so wird dies in dem Artikel angedeutet, eher daran interessiert zu sein, möglichst gut dazustehen. Der Schutz der Opfer und vor allem von potenziellen Opfern steht wohl nicht an oberster Stelle. Dabei ist die Gefahr, die von diesen Männern ausgeht, immens hoch. Mittlerweile sind einige Fälle von jahzehntelangem sexuellen und psychischen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in großen katholischen Institutionen bekannt geworden. Das Canisius Kolleg in Berlin oder die Odenwaldschule hier in Hessen sind da zu nennen, sie sind aber wohl nur die Spitze des Eisbergs.

Dieses Themas hat sich nun Peter Probst in seinem Roman „Im Namen des Kreuzes“ angenommen, der dritte Roman in der Privatermittler Schwarz-Serie. Nach dem tragischen Selbstmord des jungen Priesteramtskandidaten Matthias wird der katholische Pfarrer Heimeran erhängt aufgefunden. Ein Zusammenhang zwischen den beiden Todesfällen liegt nahe – aber welcher? Wie eng war die Beziehung zwischen dem gerade bei Jugendlichen beliebten Geistlichen und dem vaterlos aufgewachsenen Jungen? War Heimerans Tod womöglich gar kein Selbstmord? Widerstrebend nimmt Anton Schwarz Ermittlungen auf und gerät in einen Sumpf aus Machtmissbrauch, sexueller Gewalt und Vertuschung, der ihn auch an seine persönlichen Grenzen bringt.

 

Der Privatermittler Anton „Toni“ Schwarz ist ein sehr sympathischer Zeitgenosse. Immer ein bisschen am Granteln, ein Morgenmuffel, einer, der auch gerne einmal faul ist, sicherlich ein bisschen empfindlich und mit dem Verkehr und der ewigen Gentrifizierung in München hat er es auch nicht so. In den ersten zwei Teilen der Krimireihe wurde er damit konfrontiert, dass seine Mutter eine Jüdin ist, was er jahrzehntelang nicht wusste, aber vor allem wurde er auch von seiner geliebten Frau verlassen. Und in diesem dritten Teil muss er sich seiner Homophobie stellen, die einen tieferen Grund hat, wie wir später erfahren. Doch Eva Schwarz, die er bei seinem ersten Fall in „Blinde Flecken“ kennenlernte, die 25 Jahre jünger als er ist und außerdem im Rollstuhl sitzt, treibt ihn immer wieder an. So wird er mit einer Welt konfrontiert, die ihm nicht ganz geheuer ist. Und wie sich bald zeigt: völlig zu Recht nicht.

Es gibt viele homosexuelle Männer in der Kirche, das ist nicht nur ein Gerücht, sondern mittlerweile vielfach belegt und von offizieller Seite zugegeben. Wieso dies so ist, könnte man sich fragen: Weil die Kirche ein Männerbund ist vielleicht? Weil man in ihrem Schoß häufig Gelegenheiten bekommt, seine Sexualität geheim und unbeobachtet auszuleben? Weil das Zölibat einem die Möglichkeit gibt, einen bestimmten Schutzraum zu erhalten, weil keine Fragen über das Heiraten, eine Freundin oder überhaupt Sexualität aufkommen? Oder begünstigt dieses ständige Unter-Männer-sein die eigene Homosexualität? geht einem plötzlich ein Licht auf und es wird einem bewusst, dass man diese Gefühle hat, wenn man sich mit anderen austauscht? Der Pfarrer Heimeran war schwul, dieser Verdacht kommt Anton Schwarz ganz schnell, doch ist er auch pädophil? Hat er sich seines Zöglings Matthias auf diese Weise angenommen, ihn verführt? Und was hat der ebenfalls schwule Pastoralreferent Weber mit der ganzen Situation zu tun? Sehr bald verschieben sich die Rollen, vermeintliche Täter werden ganz schnell erkennbar zu Opfern in einer Geschichte, die sehr viel tragischere Hintergründe hat…

Der Autor Peter Probst geht mit seinen Figuren und den aufgeworfenen Themen sehr sensibel um. Nicht nur, dass er offensichtlich gut recherchiert und mit vielen Betroffenen geredet hat, er schafft es immer wieder die Kontrolle über den Stoff zu behalten. Kein leichtes Unterfangen, wenn man die Vermischung verschiedener Problematiken bedenkt. Da ist Homosexualität in der Kirche einerseits, Pädophilie und sexuelle Gewalterfahrung in einer Machthierarchie-Konstellation andererseits. Gerne wird dies ja in einen Topf geworfen. Da kann sich Peter Probst sehr gut abgrenzen. Seine Kriminalromane sind gesellschaftskritisch und brechen stets eine Lanze für mehr Zivilcourage. Seine Figuren sind charakterstark, mutig und man schließt sie sofort in sein Herz. Jahrelang hat er Drehbücher geschrieben, unter anderem zur Detektivserie „Der Fahnder“. Auch der Roman „Im Namen des Kreuzes“ bietet sich für eine spannende Verfilmung an. Seine Dialoge sind authentisch und spritzig, vor allem hat er ein sehr gutes Gespür für Stimmungen und Konflikte, die er sehr beredt in Szene setzt. Man fühlt mit den Personen mit, fiebert mit ihnen, wünscht ihnen, dass alles gut ausgeht. Mehr Emotion geht nicht in einem Roman.

 

Im Namen des Kreuzes von Peter Probst ist ein sehr spannender Roman über ein ebenso aktuelles wie hochsensibles Thema, welches im März 2012 beim Deutschen Taschenbuch Verlag erschienen ist. Es umfasst 256 Seiten und ist für 8,95 Euro erhältlich.

 

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